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© Shishmaref Alaska Erosion & Relocation Coalition

USA: Kampf ums Überleben einer Kultur

Angesichts des dramatischen Klimawandels gibt Glaube der indigenen Bevölkerung Kraft

Nach Shishmaref, einem Inupiat-Dorf im Nordwesten Alaskas, führt keine Strasse. Die Menschen hier gehören zu den Inupiat, einer indigenen Volksgruppe in Alaska und Kanada. Sie leben von der Jagd auf Robben, Walrösser, Vögel, Karibus und Elche sowie vom Fischfang. Die DorfbewohnerInnen sagen, ihre Kultur sei mehrere tausend Jahre alt.

Das 560-Seelen-Dorf, das auf einer kleinen, knapp fünf Kilometer langen und einen halben Kilometer breiten Insel liegt, wird langsam vom Meer weggespült. Angaben des amerikanischen Government Accountability Office (GAO), des überparteilichen Untersuchungsorgans des US-Kongresses, zufolge, ist Shishmaref einer von drei Orten in Alaska, die durch die vom Klimawandel verursachte Erosion und Überflutung am stärksten bedroht sind. Die US-amerikanische Bundesbehörde United States Army Corps of Engineers (USACE), die für die Entwicklung und Instandhaltung von Gewässern und anderen Umweltressourcen zuständig ist, warnte sogar, dass der Ort schon in weniger als zehn Jahren verschwunden sein könnte.

Da die Gemeindevorstände erfahren haben, dass Tin Creek, der bereits vor langer Zeit für eine Neuansiedlung des Dorfes ausgewählte Ort auf dem nahen Festland, wegen Dauerfrost ungeeignet ist, drängen sie die Menschen nun dazu, sich auf einen anderen Ort zu einigen.

„Der Boden ist dort eigentlich nur Eis, das aber nicht ausreichend verankert ist, um einen Ort darauf zu errichten“, erklärt Darlene Turner, eine der Gemeindevorstände des traditionellen Inupiat-Dorfes und Präsidentin der lutherischen Kirche in Shishmaref, einer Gemeinde der Alaska-Synode der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Amerika (ELKA).

„Das ist enttäuschend und wirft uns weit zurück“, so Turner.

Dramatische Folgen

„In Alaska bekommen wir die dramatischen Folgen des Klimawandels direkt zu spüren, aber die anderen Bundesstaaten verstehen das nicht“, berichtet Bischof Michael Keys von der Alaska-Synode.

Die lutherische Gemeinde in Shishmaref wurde 1930 gegründet und ist die nördlichste Gemeinde der ELKA. Schon Anfang letzten Jahres hatte der im vergangenen Herbst verstorbene Gemeindepfarrer Robert H. Wentzien seine Sorge über den schlechteren Zugang zu Wasser in Tin Creek und die Langzeitfolgen einer Umsiedlung zum Ausdruck gebracht. „Ich mache mir nicht nur Sorgen um ihren Handel und ihre Industrie, sondern auch um ihre Kultur, ihre mündlichen Überlieferungen, Familientraditionen und vieles mehr“, sagte er vor seinem Tod gegenüber dem ELKA-Kommunikationsdienst.

Die Kosten für eine Umsiedlung des Ortes auf das Festland werden auf etwa 180 Millionen US-Dollar geschätzt. Eine Umsiedlung der Menschen in die knapp 200 km südlicher gelegene Region um Nome würde Schätzungen nach nur etwa die Hälfte kosten.

Traditionelle Werte und Bräuche

Für die BewohnerInnen des Ortes ist die Umsiedlung ein Kampf um das Überleben als Volk und als Dorfgemeinschaft. Laut Stanley Tocktoo, Vorsitzender des „Shishmaref Erosion and Relocation Committee“ (Ausschuss für Erosion und Umsiedlung in Shishmaref), ist die Mehrheit der Menschen wegen der zu grossen Veränderungen im Blick auf den Lebensstils gegen eine Umsiedlung in eine Stadt wie Nome oder Anchorage.

„Die Mehrheit will in der näheren Umgebung auf dem Festland bleiben und so leben, wie unsere Vorfahren immer gelebt haben. Wir wollen nicht auseinander gerissen werden. Wir wollen unsere traditionellen Werte und Bräuche aufrechterhalten“, betont Tocktoo.

Bischof Keys wies darauf hin, dass noch zwei weitere Orte in der Alaska-Synode, Wales und Teller, von einer Umsiedlung betroffen sein könnten.

„Wenn die Menschen einfach nach Nome oder Anchorage umgesiedelt werden, verlieren wir einen Teil der kulturellen Vielfalt“, sagt Keys. „Wir dürfen den kulturellen Gesichtspunkt nicht aus den Augen verlieren. Wir müssen uns fragen, ob uns die kulturelle Vielfalt wichtig ist und ob uns der Lebensstil der Urbevölkerung, das heisst ihre Kultur, ihre Werte und ihre Sprache, am Herzen liegt“, betont er.

Die lutherische Kirche Shishmaref ist die einzige Kirche auf der Insel. Sie stellte bereits Grundstücke zur Verfügung, damit einige der schon heute unmittelbar Betroffenen in sicherere Bereiche der Insel umziehen konnten.

„Diese Menschen sind tiefgläubig. So werden sie die vor ihnen liegenden sehr, sehr schwierigen Herausforderungen annehmen können und ihre Antwort wird von diesem Glauben geprägt sein“, so Keys.

Die Alaska-Synode ist eine der 65 Synoden der ELKA, die insgesamt 4,7 Millionen Mitglieder hat und dem LWB 1986 beitrat.

Dieser Feature-Artikel basiert auf einem Beitrag des ELKA-Kommunikationsdienstes.

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