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© Jakob Carlsen

Indien: Sie durfte nicht im gleichen Wasser wie die Hunde baden

Dalit-Frau erkennt durch Bildung ihre Stärken

Rama Devi Hansraj kommt aus Bhubaneshwar, der Hauptstadt des Bundesstaates Orissa im Nordosten Indiens. Sie musste zwar nicht, wie andere Dalits, die einst als „unberührbar“ bezeichnet wurden, menschliche Exkremente mit blossen Händen aus Latrinen entfernen. Dennoch, so die 28-Jährige, wisse sie, was es heisst, nicht einmal der untersten Kaste der indischen Kastenordnung anzugehören. Als Kind hinduistischer Eltern durfte sie zum Beispiel nicht aus einem Glas trinken, dass für die Kinder höherer Kasten reserviert war. Tat sie es doch, wurde sie mit Schläge von LehrerInnen höherer Kasten bestraft.

Hansraj lernte früh, dass zwar Rinder, Hunde und Schweine in einem Teich baden durften, der ansonsten nur für Angehörige der Kaste der Kallar (nicht-Dalits) vorgesehen war, dass Dalits wie sie darin aber nicht baden dürfen.

Hansraj gehörte zu den 95 VertreterInnen von Kirchen und anderen Organisationen aus aller Welt, die vom 21. bis 24. März an einer vom Ökumenischen Rat der Kirchen (ÖRK) und dem Lutherischen Weltbund (LWB) organisierten und von der Asiatischen Christlichen Konferenz ausgerichteten Konferenz in Bangkok (Thailand) teilnahmen.

Ziel der Konferenz war es, das Bewusstsein für die Diskriminierung aufgrund von Kastenzugehörigkeit im Vorfeld der Überprüfungskonferenz zur Durban-Konferenz, die vom 20. bis 24. April in Genf (Schweiz) stattfindet, zu stärken. Die Überprüfungskonferenz soll die Umsetzung des Aktionsplans überprüfen, der auf der UN-Weltkonferenz gegen Rassismus, Rassendiskriminierung, Fremdenfeindlichkeit und damit zusammenhängende Intoleranz 2001 in Durban (Südafrika) verabschiedet wurde. Die Teilnehmenden in Bangkok riefen die an dieser Nachfolgekonferenz teilnehmenden Regierungen eindringlich dazu auf, „die Thematik der Diskriminierung aufgrund von Kastenzugehörigkeit in den Diskussionen zu berücksichtigen.“

Praktische Gründe

Obwohl sie in ihrer Heimat derartiger Diskriminierung ausgesetzt war, blieb Hansraj aus praktischen Gründen lange hinduistisch. „Als Angehörige des Hinduismus konnte ich von den Förderungsmassnahmen der Regierung profitieren“, sagte sie während der Konferenz in einem Gespräch mit der ökumenischen Nachrichtenagentur Ecumenical News International (ENI).

Im Jahr 1950 erhielten hinduistische Dalits das Recht auf kostenlose Bildung und es wurden Arbeitsplätze bei der Regierung für sie reserviert, um so deren sozialen Status zu verbessern. Ab 1956 galten diese Rechte auch für Dalits, die AnhängerInnen der Sikhreligion waren, und ab 1990 auch für buddhistische Dalits. Christlichen Dalits, die etwa zwei Drittel der 27 Millionen ChristInnen in Indien ausmachen, und muslimischen Dalits hingegen werden diese Rechte weiterhin verwehrt.

Durch die Förderungsmassnahmen konnte Hansraj eine Schule besuchen, ihr Studium beginnen und erhielt später sogar ein Auslandsstipendium für ein Studium an der Universität von London (Vereinigtes Königreich), das sie mit einem Master im Bereich Menschenrechte abschloss.

Globalisierte Chancen


Später trat Hansraj zum Buddhismus über. Seit 2006 arbeitet sie in Indien für die Hilfsorganisation „Catholic Relief Services“ und hat in Zusammenarbeit mit vielen christlichen Kirchen Anwaltschaftsarbeit für die Rechte der Dalits geleistet.

Sie half dabei, neue Lebensgrundlagen für christliche Dalits in dem von Unruhen geplagten indischen Bundesstaat Orissa zu schaffen, in dem im Jahr 2008 Tausende ChristInnen von hinduistischen ExtremistInnen angegriffen wurden.

„Ich half nicht nur, Häuser zu bauen, wir unterstützten die Menschen auch psychologisch und spirituell. Vor allem die Kinder waren durch die Gewalt in Orissa traumatisiert“, erzählte sie.

Für Hansraj, Mutter von zwei Kindern und verheiratet mit einem Baptistenpfarrer, ebenfalls ein Dalit, ist Bildung ein wichtiger Schritt auf dem Weg zur Befreiung der Dalits. Sie betonte, dass Bildung die Dalits bei all den Schwierigkeiten und dem Leiden stärken könne und so das „Opfersein“ in Stärke verwandeln könne.

Derzeit besucht Hansraj Abendkurse einer juristischen Fakultät in Chennai im Südosten Indiens und ist dort im ersten Studienjahr eingeschrieben. „Mein Menschenrechts- und Jurastudium hilft mir bei der Anwaltschaftsarbeit für die Rechte der Dalits“, sagte sie. „Ausser Bildung kann auch die Globalisierung – nicht im Sinne von globalisierten Märkten, sondern im Sinne von globalisierten Chancen – eines Tages dabei helfen, dass die Diskriminierung aufgrund von Kastenzugehörigkeit der Vergangenheit angehört“, fügte sie hinzu.

Nach einem Feature von Maurice Malanes für die ökumenische Nachrichtenagentur Ecumenical News International mit Sitz in Genf.

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