en|de|es|fr

HomeEntdeckenLWB-Geschichten über “tägliches Brot"Haiti: Tanzen gibt Kindern in Haiti Mut und Kraft

© Jonathan Ernst/LWR/ACT Alliance

Haiti: Tanzen gibt Kindern in Haiti Mut und Kraft

Globales kirchliches Netzwerk hilft Erdbebenopfern

Wenn die achtjährige Rosedaline Revolis „pandeiro“ (Tamburin) spielt, dann leuchten ihre Augen und lassen den ganzen Raum erstrahlen.

Sie lernt, die Begleitmusik zum „capoeira“ zu spielen, einem brasilianischen Kampftanz, der haitianischen Kindern helfen soll, mit den Veränderungen fertig zu werden, die ihr Leben seit dem Erdbeben vom 12. Januar erschüttert haben.

Der „capoeira“-Kurs ist Teil eines umfassenden psychosozialen Programms, das von Viva Rio, einer Partnerorganisation des norwegischen Hilfswerkes Norwegian Church Aid (NCA) angeboten wird.

NCA ist Mitglied des ACT-Bündnisses (Action by Churches Together – Kirchen helfen gemeinsam), einem globalen Netzwerk von Kirchen und kirchlichen/kirchennahen Partnerorganisationen, die sich durch koordinierte und effektive Nothilfe-, Entwicklungs- und Anwaltschaftsarbeit gemeinsam für positive und nachhaltige Veränderungen im Leben von Menschen einsetzen, die von Katastrophen, Armut und Ungerechtigkeit betroffen sind.

Der Lutherische Weltbund (LWB), eines der Gründungsmitglieder des ACT-Bündnisses, ist mir dem Länderprogramm seiner Abteilung für Weltdienst bereits seit langem in Haiti aktiv. Als Koordinator des ACT-Forums in Haiti leistete der LWB zusammen mit anderen ACT-Partnern unmittelbar nach Ausbruch der Katastrophe Nothilfe. Dies schloss die Bereitstellung von Nahrungsmitteln und anderen Hilfsgütern sowie den Bau fester Unterkünfte für Tausende von obdachlos gewordenen Menschen ein.

In Kay Nou im Armenviertel Bel Air in der haitianischen Hauptstadt Port-au-Prince, wo Viva Rio früher ein Gemeinschaftszentrum betrieb, befindet sich jetzt ein Zeltlager, das rund 1.600 Menschen Unterkunft bietet. Täglich werden dort Kunst-, Musik- und Tanzkurse für Kinder angeboten, die ihnen helfen sollen, mit ihren traumatischen Erlebnissen fertig zu werden.

Das Programm habe es bereits vor dem Erdbeben gegeben, erklärt Aila Machado, eine Mitarbeiterin von Viva Rio. Seit 2006 setzt Viva Rio sich bereits für die Gemeinwesenentwicklung in dem benachteiligten Stadtteil Bel Air ein, leistet soziale Dienste und engagiert sich gegen Strassengewalt.

Seit dem Erdbeben im Januar legt Viva Rio den Schwerpunkt seiner Arbeit auf die Befriedigung der unmittelbaren Bedürfnisse der Bevölkerung in Bel Air. Dazu gehören auch Beschäftigungsangebote für Kinder.

Die Programme erfüllten mehrere Zwecke, erklärt Annal Oliver, eine Nothilfemitarbeiterin von NCA. Sie beschäftigten die Kinder und würden ihnen – was viel zu selten, aber dringend nötig sei – die Möglichkeit geben, Abstand zu finden von dem Trauma, dem Schock und dem Verlust, die sie erlitten haben.

Kinderdiebstahl

„Gleichzeitig bieten diese Programme die Möglichkeit, den Kindern bis zu einem gewissen Grad Schutz zu gewähren“, fügt sie hinzu. Nach dem Erdbeben sagten viele ExpertInnen einen dramatischen Anstieg des illegalen Handels mit Kindern voraus. „Die Kinder in die von uns angebotenen Aktivitäten einzubeziehen und sie zu registrieren – zum Beispiel indem wir ihnen kleine Armbänder umbinden –, stellt eine Möglichkeit dar, sie vor solchen Gefahren zu beschützen“, erklärt Oliver.

„Diese Aktivitäten helfen den Kindern auch, auf andere Gedanken zu kommen“, bemerkt Musset Payant, ein haitianischer Maler, der den Kindern im Rahmen des Programms von Viva Rio Kunstunterricht gibt. „In der Zeit, die sie hier verbringen, vergessen sie alles andere. In diesem Raum sind sie völlig entspannt, sie lassen einfach los und fliegen.“

Hilfe zur Selbsthilfe

Die Kinder schauen gespannt zu, als Payant anfängt, einen Fisch an die Tafel zu malen, die vorne im Raum aufgestellt ist. Mit den gespendeten Materialien fangen sie dann selbst an zu malen und sind voll konzentriert bei der Sache.

„Das, was uns hier geschehen ist, hat Menschen in der ganzen Welt bewegt, zu kommen und uns zu helfen“, fügt Payant hinzu. „Aber sie helfen uns auch, uns selbst zu helfen.“

Auf der anderen Seite des Lagers fangen die „capoeira“-Kurse an. Viva Rio unterrichtet die Kinder hier seit über einem Jahr im „capoeira“-Tanz. Seit dem Erdbeben ist die Zahl der teilnehmenden Kinder auf mehr als 100 angestiegen. In einem Gebäude, von dem nur noch die Aussenmauern stehen und das von Bandenmitgliedern, so erzählen die Einheimischen, als Versteck für Entführungsopfer benutzt wurde, sind über 30 Kinder versammelt. Sie ziehen ihre Schuhe aus und setzen sich auf den Teppich. Die MusikerInnen, die sich vorne aufgereiht haben, sollen den Kindern im Morgenkurs die Musik beibringen, die wesentlicher Bestandteil des „capoeira“-Tanzes ist. Nachmittags lernen die Kinder dann die akrobatischen Übungen des Kampftanzes.

Kinder sind zerbrechlich

„Kinder und Erwachsene sind verschieden“, sagt Rodney Jean Marc, einer der acht HelferInnen, die in den Kursen mitarbeiten. Seit 2008 lernt er selbst „capoeira“ im Programm von Viva Rio. „Erwachsene sind an Schwierigkeiten und Probleme gewöhnt, aber Kinder sind zerbrechlich . . . ‚Capoeira’ hilft ihnen, alles, was sie belastet, herauszulassen.”

Die Lieder werden auf Portugiesisch unterrichtet und den Kindern auf Kreolisch erklärt. Sie beschäftigen sich mit Themen wie Frieden, Achtung anderer Menschen.

Die Kunst des „capoeira“

Nach ungefähr einer halben Stunde, in der die Kinder Lieder gesungen haben, stehen sie auf und bilden einen Kreis um den Teppich herum. Jetzt ist es an der Zeit, dass die LehrerInnen die Kunst des „capoeira“ vorführen. Der pulsierende Rhythmus der Musik schafft eine frenetische Atmosphäre, in der die TänzerInnen auf dem Teppich „capoeira“ tanzen – einen akrobatischen Tanz, der entweder allein oder paarweise aufgeführt wird. Wenn der „capoeira“ mit einem/r PartnerIn getanzt wird, ähnelt er einem Boxkampf, bei dem es jedoch zu keinem körperlichen Kontakt kommt.

Die akrobatischen Übungen begeistern die Kinder. Sie klatschen und jubeln und in ihren Augen leuchtet grösste Freude. Zumindest für kurze Zeit dürfen sie hier einfach nur Kinder sein.

„Der ‚capoeira’ macht mir Spass. Er gibt mir Mut und Kraft“, erzählt Revolis mit einem Lächeln. „Das hilft mir.“

Ein Feature von Emily Sollie für das ACT-Bündnis.

streaming

Videos von der Elften Vollversammlung

RSS-Feed Vollversammlungs-Nachrichten (DE)
Communio Garden Communio Garden
facebook facebook
youtube YouTube
flickr flickr
twitter Twitter-Feed der Vollversammlung