en|de|es|fr

HomeEntdeckenLWB-Geschichten über “tägliches Brot"Haiti: Hunderttausende Erdbebenopfer brauchen dringend regenfeste Unterkünfte

© ACT Alliance/Paul Jeffrey

Haiti: Hunderttausende Erdbebenopfer brauchen dringend regenfeste Unterkünfte

LWB-Weltdienstdirektor Hitzler beeindruckt von weltweiter Hilfsbereitschaft

Ein erster heftiger Tropenregen genau einen Monat nach der verheerenden Erdbebenkatastrophe in Haiti hat die Überlebenden in ihren Notunterkünften überrascht und hochschrecken lassen. Spontan seien viele Menschen im Zentrum der haitianischen Hauptstadt Port-au-Prince zusammenkommen und hätten Material für neue Unterkünfte verlangt, berichtet Bobby Waddell, der seit drei Wochen als leitender Nothilfeberater der Abteilung für Weltdienst (AWD) des Lutherischen Weltbundes (LWB) in Haiti arbeitet. Für den AWD-Mitarbeiter des Genfer LWB-Sekretariats ist und bleibt die Errichtung von regenfesten Unterkünften für Hunderttausende obdachloser HaitianerInnen weiterhin oberste Priorität. Der erste Tropenregen war nur ein Vorbote der bald beginnenden Regenzeit.

In den vergangenen Wochen haben die Mitarbeitenden des LWB/AWD-Länderprogramms in Haiti Tausende Menschen mit sauberem Trinkwasser, Nahrung und lebensnotwendigen Hilfsgütern versorgt. Und der Bedarf ist weiterhin riesig. Nach offiziellen Regierungsangaben kamen bei dem Erdbeben der Stärke 7,0 auf der Richterskala am 12. Januar mindestens 217.000 Menschen ums Leben, etwa 300.000 wurden verletzt. Nach Schätzung der Vereinten Nationen (UN) sind rund 1,2 Millionen Menschen derzeit obdachlos oder leben in Notunterkünften.

Das LWB/AWD-Länderprogramm arbeitet eng mit anderen Organisationen des Bündnisses „ACT Alliance“, dem weltweit grössten Netzwerk kirchlicher und kirchennaher Nothilfe- und Entwicklungsorganisationen, zusammen. In den ersten Wochen seit dem Erdbeben hat das Bündnis bereits über 150.000 Menschen mit Wasser, Nahrung, Hygiene-Sets und Hilfsgütern versorgt. Weitere Prioritäten waren und sind die Bereitstellung medizinischer Versorgung und von Notunterkünften sowie Latrinen.

Doch nicht immer läuft die Verteilung von Hilfsgütern reibungslos. Laut Sylvia Raulo, Koordinatorin des AWD-Programms in Haiti, musste auch schon eine Verteilaktion abgebrochen werden, da es zu Rangeleien gekommen war. Grundsätzlich gelte die Prämisse, dass zuerst die Bedürftigsten versorgt werden, so Raulo. Hierzu gehörten vor allem Schwangere und Familien mit kleinen Kindern. Doch Raulo hat auch Verständnis für die Situation der Menschen. Sie seien traumatisiert und in einer verzweifelten Lage; dies führe dann zu unberechenbaren Überreaktionen.

Entscheidend ist, dass Menschen wieder Hoffnung fassen

Hinzu kommt, dass der Karibikstaat bereits vor dem Erdbeben zu den ärmsten Ländern der Welt gehörte. Jahrzehntelange in- und ausländische Ausbeutung, Misswirtschaft, Korruption und die Folgen zahlloser Naturkatastrophen haben das Land in den Ruin getrieben. Trotz alledem hat sich laut Raulo gerade in den letzten Wochen wieder unwiderlegbar gezeigt: „Die Haitianer und Haitianerinnen sind ein erstaunlich widerstandsfähiges Volk.“

Entscheidend sei jetzt, dass die Menschen wieder Hoffnung fassten, so Raulo. Zwar seien die Herausforderungen, vor denen Haiti und die Hilfsorganisationen stünden immens, auch die geschwächten staatlichen Institutionen und Probleme wie staatliche Korruption erschwerten die Situation, doch alles hänge nun davon ab, dass die HaitianerInnen wieder bereit seien, an eine Zukunft zu glauben, und den Willen aufbrächten, nach dieser schweren Katastrophe ihr Land wieder aufzubauen.

Unterkünfte für 15.000 Familien

Nach einer ersten Phase der Soforthilfe plane die LWB/AWD den Ausbau seines Hilfsprogramms in Haiti, berichtet Rudelmar Bueno de Faria, AWD-Koordinator für Programmabwicklung. In gezielter Abstimmung mit den Partnerorganisationen der „ACT Alliance“ sei nun mit den Vorbereitungen für den Wiederaufbau begonnen worden. Dies schliesse auch Bildung, den Aufbau von Wasser- und Sanitäreinrichtungen, provisorische und dauerhafte Unterkünfte, psychosoziale Betreuung und die Bereitstellung landwirtschaftlicher Geräte und von Saatgut ein. Die Bauern und Bäuerinnen müssten umgehend mit der Aussaat beginnen, um in diesem Jahr noch eine Ernte zu haben.

Die LWB/AWD werde sich vorrangig auf Städte wie Leogane und Gressier und Gebiete ausserhalb der Hauptstadt Port-au-Prince konzentrieren, wo 80 Prozent der Bevölkerung ihre Wohnungen und Häuser verloren hätte, so de Faria. Für Notunterkünfte würden Plastikplanen und teilweise auch Zelte zur Verfügung gestellt. Wichtig sei dabei, intensiv mit Partnern vor Ort zusammenzuarbeiten und eine zielgerichtete und problemlose Verteilung zu gewährleisten.

Laut de Faria plant die LWB/AWD, in vier ländlichen Gemeinschaften 35 Kilometer westlich von Port-au-Prince vorübergehende Unterkünfte für 15.000 Familien – rund 75.000 Personen – zu errichten. Angesichts der bevorstehenden Regenzeit (März/April) bestehe hoher Zeitdruck, so de Faria. Beim Bau von Unterkünften halte sich die LWB/AWD streng an die Vorgaben der UN. So sollen die Unterkünfte pro Familie 18,5 Quadratmeter Platz bieten und mit Dächern aus Wellblech gebaut werden. Die Rahmen der Häuser sollen aus Holz, Bambus oder Stahl bestehen und mit Plastikplanen umkleidet werden.

Langfristig will sich das AWD-Länderprogramm auch beim Bau von dauerhaften Unterkünften engagieren. So sei in den kommenden sechs bis 18 Monaten ein Programm zum Bau von Häusern geplant, in dessen Rahmen die Familien nach dem Prinzip „Cash for Work“ (Bargeld gegen Arbeit) auf vorhandenes Baumaterial zurückgreifen sollen. Mit Unterstützung von lokalen Maurern und Zimmerleuten sollen so auf stabilen Fundamenten widerstandsfähigere Häuser errichtet werden. Über das genaue Design müsse noch entschieden werden, so de Faria.

Überwältigende Hilfsbereitschaft weltweit

Beeindruckt zeigte sich AWD-Direktor Eberhard Hitzler von der weltweiten Hilfsbereitschaft nach dem Erdbeben in Haiti. Es seien nicht nur die Menschen der nördlichen Hemisphäre, die durch Spenden und Hilfseinsätze die betroffenen HaitianerInnen unterstützen. In ganz Lateinamerika, aber auch Afrika und Asien hätten Kirchen und Hilfsorganisationen in beeindruckender Weise Spendenaktionen ins Leben gerufen und Hilfsmassnahmen auf den Weg gebracht. Viele Kirchen und Hilfswerke hätten auch Mitarbeitende zur Unterstützung nach Haiti entsandt.

Die Mitarbeitenden von zwei assoziierten Programmen der AWD hätten entschieden, den Arbeitslohn eines Tages für die Hilfsprojekte in Haiti zu spenden, berichtet Hitzler. Es sei ein beeindruckendes Zeichen der Solidarität, wenn 2000 Mitarbeitende des Rangpur Dinajpur Rural Service (RDRS) in Bangladesch sowie auch der gesamte Stab des Lutherischen Weltdienstes Indien sich einstimmig hinter eine solche Initiative stellten.

Weiterhin habe die Evangelisch-Lutherische Kirche in Sierra Leone beschlossen, einen Container mit Hilfsgütern der nordamerikanischen Hilfsorganisation Lutheran World Relief, der für Sierra Leone bestimmt gewesen war, nach Haiti umzuleiten.

Für Hitzler ist diese Hilfsbereitschaft ein Beleg dafür, dass die weltweite Gemeinschaft lutherischer Kirchen wirklich solidarisch ist mit den Armen und Bedürftigen. Deutlich werde auch, dass Spenden und diakonisches Handeln kein Privileg der reichen Kirchen des Nordens sei.

Die Mitgliedskirchen des LWB sähen die Abteilung für Weltdienst wirklich als „ihr“ Instrument für die weltweite diakonische Arbeit, so Hitzler.

streaming

Videos von der Elften Vollversammlung

RSS-Feed Vollversammlungs-Nachrichten (DE)
Communio Garden Communio Garden
facebook facebook
youtube YouTube
flickr flickr
twitter Twitter-Feed der Vollversammlung