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LWB-Generalsekretär Rev. Dr Ishmael Noko bei einer Pressekonferenz am 21. Juli während der Elften Vollversammlung des LWB in Stuttgart. Dort tagt der LWB von 20. bis 27. Juli 2010. © LWB/Erick Coll

21.07.2010

In Gemeinschaft und gegenseitiger Fürsorge ist Angesicht Gottes zu erkennen

LWB-Generalsekretär Noko: LutheranerInnen sind herausgefordert durch eine sich verändernde Welt und eine inklusivere Kirchengemeinschaft

Stuttgart (Deutschland), 21. Juli 2010 – Eine sich verändernde Welt, eine inklusivere Gemeinschaft der lutherischen Kirchen, engere ökumenische Beziehungen und die Herausforderung, anderen zu dienen, seien die zentralen Themen des Lutherischen Weltbundes (LWB) in den kommenden Jahren, betonte LWB-Generalsekretär Pfr. Dr. Ishmael Noko am Mittwoch, am 21. Juli, in seinem Bericht an die Elfte LWB-Vollversammlung in Stuttgart (Deutschland).

Im Hinblick auf das Vollversammlungsthema legte Noko dar, dass „tägliches Brot“ eine signifikante spirituelle Bedeutung habe. „Im Akt des Brotbrechens offenbarte sich der auferstandene Herr Jesus Christus den Weggefährten auf der Strasse nach Emmaus“. In Gemeinschaft und gegenseitiger Fürsorge können wir das Angesicht Gottes erkennen, so Noko.

Rund 1.000 Personen – Delegierte, Gäste, BeraterInnen, Mitarbeitende und Interessierte aus den 145 Mitgliedskirchen in 79 Ländern – nehmen an der Vollversammlung in Stuttgart teil, die vom 20. bis 27. Juli unter dem Thema „Unser tägliches Brot gib uns heute“ stattfindet. Die vierte Bitte des Vaterunsers unterstreiche vor dem Hintergrund der Realität, dass „Millionen Menschen auf unserem Planeten [...] immer noch nicht ihre tägliche Ration  Brot, Reis, Ugali oder Kartoffeln haben“ – die Notwendigkeit einer gerechten Verteilung der Güter für alle Menschen, konstatierte Noko.

Im Jahr 1952 fand die letzte Vollversammlung in Deutschland statt. Noko bezeichnete die Zusammenkunft der LutheranerInnen damals in Hannover während der Nachkriegszeit und zu Beginn des Kalten Krieges als einen „Akt geistlichen Mutes“. Seit 1952 habe sich die Welt verändert. „Entwicklungen wie der Fall der Berliner Mauer und die Befreiung von Nelson Mandela setzten Kräfte frei, die unser Weltdorf veränderten“, unterstrich Noko. „Die Kräfte der Globalisierung haben die Menschen zugleich miteinander verbunden und sie auseinandergetrieben“, legte Noko dar. Die Kluft zwischen denjenigen, die nicht genug zu essen haben und denjenigen, die weit mehr haben, als sie brauchen, habe sich gewaltig verbreitert. Weiterhin betonte Noko: „Die Situation von Minderheitsvölkern und -gemeinschaften hier in Europa ist zu einem zunehmend erhitzten politischen Problem geworden.“

„Gleichberechtigte Teilhabe an der Mission Gottes ist das Markenzeichen einer inklusiven Gemeinschaft“, so der Generalsekretär. „Mitgliedskirchen wurden daher nachdrücklich aufgefordert, angemessene Schritte im Blick auf die Ordination von Frauen zu unternehmen und gegebenenfalls für eine Politik der Gleichstellung zu sorgen“, führte Noko ergänzend aus. Es sei jedoch festzustellen, dass „es selbst bei Beschlüssen der Vollversammlung oder des Rates, die damals viel Unterstützung fanden, nachher in den Kirchen nicht zu viel Nacharbeit“ komme, bedauerte er.

Noko wies auf die 500-Jahrfeier der Reformation hin, die 2017 begangen wird. „Ich habe die Hoffnung, dass wir einen angemessenen ökumenischen Weg finden, den Jahrestag zu begehen, indem wir das feiern können, was wir durch Überwindung der Verurteilungen der Vergangenheit und durch Sichtbarmachen der Einheit der Kirche erreicht haben“, unterstrich Noko. Das Trachten danach, die Botschaft der Reformation für die ganze Kirche heute zu entdecken, ist laut Noko elementar.    

„Die Unterzeichnung der Gemeinsamen Erklärung zur Rechtfertigungslehre im Jahr 1999 war ein eindrückliches Zeichen für den Wert des Lutherischen Weltbundes als Instrument für ökumenischen Fortschritt“, sagte Noko und bekräftigte, dass die lutherischen Kirchen engere Bindungen zu anderen ChristInnen geknüpft hätten. Am 31. Oktober 2009 haben die LutheranerInnen, KatholikInnen und die MennonitInnen den zehnten Jahrestag der Unterzeichnung der Gemeinsamen Erklärung zur Rechtfertigungslehre in Augsburg gefeiert. Das Pflanzen von Bäumen in Wittenberg (Deutschland) zur Erinnerung an dieses Ereignis begleitete die Feierlichkeiten. Der Generalsekretär konstatierte die Fortsetzung des begonnenen Dialogs.  

Auf die kommenden Tage der Vollversammlung blickend, erläuterte Noko: „Hier in Stuttgart wird die Vollversammlung aufgefordert werden zu einem Akt der Neubestimmung unserer Beziehungen zu den Mennoniten und Mennonitinnen, von denen wir uns seit 500 Jahren entfremdet haben und über die unsere lutherischen Bekenntnisschriften harsche Aussagen gemacht haben.“ Führende Theologen unserer Bewegung, einschliesslich Martin Luther selbst, seien bereit gewesen, theologische Argumente zur Unterstützung der gewaltsamen Verfolgung von Mitgliedern der anabaptistischen Tradition zu benutzen. „Wir werden uns mit einem Akt befassen, in dem um Vergebung gebeten wird – von Gott und von unseren mennonitischen Schwestern und Brüdern – für die Verfolgung und Gewaltanwendung, deren unsere lutherischen Vorfahren sich schuldig gemacht haben und die wir ererbt haben“, führte Noko aus.

„Interreligiöse Diapraxis – praktische Zusammenarbeit über religiöse Grenzen hinweg – ist in der Arbeitsperiode seit Winnipeg (Kanada) ein besonderer Fokus im Leben des LWB gewesen“, resümierte Noko. In Ländern wie Mauretanien, Kambodscha und anderswo arbeiteten Menschen aus anderen Glaubenstraditionen für den LWB und mit dem LWB an der Umsetzung gemeinsamer humanitärer Ziele, erläuterte der Generalsekretär. „Durch diese praktische Zusammenarbeit im humanitären Dienst ist die interreligiöse Diapraxis ein Wesensaspekt des LWB geworden – auch wenn wir noch viel zu lernen und zu verstehen haben“, hob er hervor.
 
Der LWB unterstütze zudem den Dialog über heikle Themen wie Ehe, Familie und Sexualität, den die lutherischen Kirchen untereinander führen, so der Generalsekretär. Der LWB-Rat habe Richtlinien zur Diskussion dieser Frage erstellt und habe zudem eine Arbeitsgruppe eingerichtet, die eruieren solle, wie die Mitgliedskirchen mit der Frage umgehen. „Aus den Berichten, die wir bisher entgegengenommen haben, wurde deutlich, dass die Mitgliedskirchen an unterschiedlichen Punkten bei ihren Überlegungen und Handlungsschritten stehen und sich verschiedene Positionen zu dieser Frage herausbilden“, fasste Noko zusammen. Während manche Kirchen Richtlinien geschaffen hätten, die gleichgeschlechtliche Lebensgemeinschaften oder die Amtsausübung durch homosexuelle Geistliche erlauben, lehnten andere Kirchen solche Schritte ab. Noko erläuterte, dass er diese Frage mit Mitgliedskirchen während der Treffen im Vorfeld der Vollversammlung diskutiert habe: „Der allgemeine Konsens war, dass diese Fragen nicht im Rahmen der Vollversammlung besprochen werden sollten, sondern dass der begonnene Prozess bis 2012 fortgesetzt werden sollte, wie es die Arbeitsgruppe zuvor empfohlen hatte.“

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